Das Ende einer Mariske Any Working Mom, 2019

Teil 1 einer Anleitung für mehr Glück in der Unterhose

Es gibt viel zu entdecken, wenn man die Hosen runterlässt, und nicht alles ist aufregend: Karunkel, Hämorrhoiden, Genitalherpes, Stalaktiten, Stalagweiss der Geier, wie die unschönen Überraschungen alle heissen. Gemein haben all die verirrten Gewebefetzen Folgendes: sie sind selten schön, man sehnt ihr auf wundersame Weise selbstständiges Verschwinden herbei und es wäre einem vor allem recht viel lieber, jemand anderes hätte sie.

Das Gute für dich: Ich bin dieser jemand – und musste mich – eben wegen Dings – in die Arme einer begnadeten Proktologin werfen, auf dass mein Intimbereich wieder in altem Glanz erstrahle (das ist sehr ironisch gemeint). Pack dein Notizbuch aus, es geht los.

Folgende Meilensteine habe ich in den letzten Jahren erreicht:

  • Nach zwei Schwangerschaften kann ich endlich ohne verklemmte Zuckungen im Gesicht Scheide, Damm und Füdliloch sagen (für Anus, vor allem meinen eigenen, brauche ich noch einen kleinen Prosecco, but I‘m getting there)
  • Ich weiss aus Fachzeitschriften und (vor allem) dergleichen – danke HDTV und Pornoindustrie – dass der Intimbereich aller Frauen irgendwie anders und bei vielen vielleicht sogar schöner aussieht.

Mit dieser Einsicht kann ich leben, ich punktete immer schon eher gürtellinienaufwärts. Als ich aber unlängst die gute Idee hatte, das, was ich beim Hinfassen da schon länger fühle (nur um es dann bewusst wieder zu ignorieren) mal genauer unter die Lupe zu nehmen, wusste ich: Ui. Dieses Ding geht definitiv nicht mehr von alleine weg. Ich entschied mich also, so zu tun, als wäre ich so alt, wie ich bin und das wie eine erwachsene Frau furchtlos in Angriff zu nehmen. Das klingt so jetzt sehr viel positiver als ich tatsächlich gestimmt war, denn eigentlich möchte ich da unten, wenn nicht für die Geburt eines Kindes, in diesem Leben bitte keinerlei Schmerzen mehr in Kauf nehmen. Und diesen Hautlappen da wegschneiden zu lassen, der wie eine Art müde Scheuklappe vor dem Anus (cin cin!) baumelt, kann ich mir beileibe nicht ganz schmerzfrei vorstellen.

Während meiner ersten Schwangerschaft, so sehr ich sie mir 20 Jahre lang herbeisehnte, war ich eine mit Wasser gefüllte Kugel: mit 26 zusätzlichen Kilos hinkte ich von allem und jedem genervt durch die Strassen Zürichs; eine tickende, kimkardashianeske Hormonbombe, meist mit einem Vollmilch- oder Weissbrotprodukt im Maul. Geburt auch: eher Horror, aber was wotsch. Kind da, herzig und munter, alles wieder gut. Viele der Kilos gingen. Viele des Wassereinlagerungen auch. Nur etwas blieb: die Mariske. Das Wort allein klingt ja an sich fast wie etwas Schickes, Französisches – ist aber das Gegenteil. Traurig-plampige Haut, die vom Druck auf den Beckenboden einst gefüllt war und sich dann irgendwie leert und nur noch gelangweilt ob sich selbst da unten irgendwo abhängt (für medizinischere Ausführungen: lies woanders).

Die Frauenärztin benamste das Ding für mich und verriet: gar nicht mal so selten. Trotzdem habe ich noch nie von jemandem gehört, der es auch hat. Also behielt ich meine analen Sorgen erstmal für mich. Wir Frauen sind ja ach so gut mit Geheimnissen, obwohl sie zu teilen einen doch dermassen erlösen könnte. Je nu, so simmer. Man riet mir, vorerst nichts zu unternehmen und alle Kinder, die ich in diesem Leben noch gebären möchte, zu bekommen. Nicht dass man die Mariske wegoperiert und mit der nächsten Schwangerschaft kommt sie wieder. Ich tat also wie mir empfohlen und wurde entsprechend zwei Jahre später an eine Spezialistin weiterverwiesen, die mir dann schwungvoll aufzeichnete, was sie zwischen meinen Beinen sah (definitiv kein Blatt Papier, das man unterwegs verlieren möchte) und gab mir einen Termin für eine Operation. Nicht, weil sie die Mariske auch wüst fand (dann wäre es ein kosmetischer Eingriff und die sechshundertvierundöppis Franken würden von keiner Krankenkasse bezahlt), sondern weil «diese Mariske zu gross ist, um sie da einfach so sein zu lassen» (für diesen Satz würd ich dann gern nochmals nachgeschenkt bekommen).

Ich weiss nicht, was ich schlimmer finde: Die Angst vor den Schmerzen (ein OP-Schisser bin ich sowieso, aber dann noch tagelang an so einer halboffenen Wunde vorbeizupinkeln, ich weiss nicht). Oder die Vorstellung, dort operiert zu werden. Ich stelle mir vor, wie ich mit auseinadergeklappten Füdlibacken (hält die jemand? Oder spannen sie eine Klammer dazwischen?) schlaff und riesig wie ein betäubtes Orang Utan Weibchen auf einem Schragen liege und mir irgendwelche Ärzte, mit denen ich vielleicht noch ins Gymi bin, öppis am Arsch rumschneiden und wieder zunähen – guter Gott.

«Oh, hey Andi, lang nüm gseh! Gahts guet?» – Shoot me.

Wie dem auch sei. Ich bin jetzt angemeldet. Der Anästhesiebogen ist fein säuberlich ausgefüllt und retourgeschickt. Die Kinder sind betreut. Morgens hin, kurze Vollnarkose, schnippschnapp, Füdliloch verstäten, ade mässi.

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